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Von Frank H. Sauer | im August 2013 | Ausgabe 8
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Alle reden davon. Nix passiert! Doch?
„Halte immer an der Gegenwart fest. Jeder Zustand, ja jeder Augenblick ist von unendlichem Wert, denn er ist der Repräsentant einer ganzen Ewigkeit.“
Johann Wolfgang von Goethe
„Einen Zyniker erkennt man daran, dass er von jedem Ding den Preis, aber von keinem den Wert kennt.“
Oscar Wilde (1854-1900) irischer Schriftsteller
Liebe Kunden, liebe Freunde,
schon seit geraumer Zeit – mindestens jedoch nach der kollektiven Wahrnehmung der Auswirkungen des Informationszeitalters – findet eine Wertediskussion innerhalb der breiten Öffentlichkeit statt. Seit dem wachsenden Umweltbewusstsein und der jüngsten globalen Finanzkrise hat sie eine höhere Intensität erreicht.
Auch aus diesem Grund ist heute die allgemeine Orientierungslosigkeit einzelner Menschen oder ganzer Gruppen größer als in früheren Zeiten, obwohl wir Wohlstand auf sehr hohem Niveau haben. Das macht doch keinen Sinn – oder?
Aus diesem Anlass möchte ich mich dem Thema „Werte“ widmen, da diese sehr viel mit Orientierung zu tun haben.
In den letzten Monaten musste ich mich zunehmend damit auseinander setzen, dass Wertediskussionen aufkamen, wie ich sie nie zuvor wahrgenommen habe. All diese Diskussionen um Werte und Wichtigkeiten waren erstaunlicherweise positiv ambitioniert.
Wenn es darum geht, festzulegen, was wirklich wichtig ist, sind viele recht schnell bei der Sache und legen sich zunächst auf die üblichen Verdächtigen, wie Ehrlichkeit, Freiheit, Gesundheit oder Erfolg fest. Wenn es aber darum geht, diese Werte tatsächlich zu definieren und sein ganzes Handeln darauf auszurichten, ernte ich – bei gezielter Nachfrage – eine Menge Fragezeichen und Erklärungen wie: „Ich würde ja gerne, aber meine Lebens- oder Arbeitsumstände machen es mir dabei nicht leicht … man muss ja schließlich seine Miete zahlen“ – und so weiter.
Deshalb schauen wir uns das Ganze mal näher an, denn – wie ich glaube – liegt hier das Ur-Problem aller ähnlichen Probleme versteckt, welche es zu lösen gilt, um anschließend maximal glücklich, erfolgreich und gesund zu sein.
Bestandsaufnahme
Zunehmend hören wir folgende Begriffe: Burnout, Mobbing, Lustlosigkeit, Niedriglöhne, Depressionen, Motivationsverlust, Politikverdrossenheit und so weiter. Vor allem die Medien inszenieren das gerne und malen ein Schreckensszenario und schüren damit noch mehr Angst und Verwirrung, als ohnehin schon da ist.
Die kürzlich stattgefundenen Diskussionen über den angeblich menschenausbeutenden Versandhändler Amazon.de oder den sündigen Erfolgsmanager Ulrich „Uli“ Hoeneß sind gute Beispiele.
Scheinbar wollen alle irgendwie gut sein und einige spielen sich dabei sogar als Moralprediger auf.
Seit einigen Jahren kursieren die Begriffe „Nachhaltigkeit“ und „CSR“ (Corporate Social Responsibility), was auf Deutsch „Unternehmerische Gesellschaftsverantwortung bzw. Sozialverantwortung“ bedeutet. Zunehmend investieren Unternehmen in diese Bereiche, um dadurch mehr Glaubwürdigkeit zu erlangen und die Beziehung zum Kunden bzw. Konsumenten zu erhöhen. Werbeagenturen oder extra angeheuerte Marketingspezialisten sind ihnen dabei mit cleveren Methoden behilflich. Die Ergebnisse sind langfristig leider wenig glaubwürdig, weil das Motiv das falsche ist. Ich meine damit, weil es nicht von Herzen kommt.
Das Instrument CSR ist nur glaubwürdig umsetzbar, wenn sich vor allem der Erzrivale „Investor Relations Management“ mit all seinen monetären Zielen vollständig unterordnet und dabei selbst einen Bewusstseinswandel vollzieht.
Chancen
Es wird wieder über Werte nachgedacht, vielleicht sogar mehr, als jemals zuvor. Vor allem junge Menschen diskutieren und philosophieren gerne darüber.
Wenn Werte definiert werden, ist das eine tolle Sache, aber erst wenn diese Werte „selbst“ gelebt und im inneren Wesen verankert werden, ist das einträglich. Vor allem in Bezug auf die eigene Lebensplanung, das Zusammenleben mit anderen und insbesondere bei der Wahl des Arbeitgebers. Die Zeiten, an denen maßgeblich der Arbeitgeber entscheidet, ob jemand eingestellt wird oder nicht, sind bald vorbei. Man sucht sich den richtigen Arbeitgeber oder Auftraggeber aus, denn die Werte müssen zusammenpassen. Geld alleine ist nicht länger die Hauptmotivation, einen guten Job zu machen.
Werte
Was ist das eigentlich? Was sind denn Werte? Und wie viele gibt es? Um das zu beantworten sollten wir zunächst von Wertvorstellungen sprechen. Denn, ob etwas oder jemand wertvoll ist, hängt von einer subjektiven Betrachtung, Einschätzung und letztendlich einer kategorisierenden Bewertung ab.
Werte sind Substantive, die moralisch gut empfundene Eigenschaften, welche erstrebenswert sind und von anderen erwartet werden, verkörpern. Sie symbolisieren oder beschreiben die Qualität von Charaktereigenschaften bzw. Sittlichkeit (Subjekte) sowie die Nutzenmerkmale von Dingen bzw. Produkten (Objekte).
Einen Wert können wir immer messen. Dadurch zeichnet er sich aus. Ein Wert ist das Ergebnis einer Messung – ob subjektiv oder objektiv. Demnach ist (ergibt) alles einen Wert, was man messen kann. Da wir aber bei Wertvorstellungen über immaterielle Dinge sprechen, grenzt sich die Auswahl ein. Diese Werte symbolisieren alle Faktoren von Lebensqualität.
Subjektive Werte sind zum Beispiel: Ehrlichkeit, Treue oder Loyalität, Spaß oder Fröhlichkeit, Vertrauen oder Zuneigung, Empathie oder Sympathie.
Wenn ich in meinen Workshops nach Beispielen für Werte frage, bekomme ich sehr oft „Erfolg“ als Antwort. Erfolg ist jedoch kein Wert. Das wäre zu pauschal. Erfolg ist der Zustand, bei dem Werte (im gewünschten hohen Maß) gelebt bzw. erreicht werden.
Orientierung
In einer verwirrten oder ego-getriebenen Welt geben Werte eine Orientierung, wohin die Reise gehen sollte, damit es gut wird – aber nur so gut, wie wir den Mut haben, wichtige Werte zu erkennen und auf ein bestimmtes Niveau zu fixieren.
Auch wenn hier z.B. generationsübergreifend gerne viel diskutiert und gar gestritten wird, so helfen klar ausgesprochene Werte, beim Verstehen und bei der Einschätzung von grundlegenden Verhaltensmustern und Erwartungshaltungen unseres Gegenüber.
Die Summe aller gelebten und geheiligten Werte mündet langfristig gesehen in emotional geprägte Geschichten, was man als Kultur bzw. Unternehmenskultur bezeichnet.
Bewußtsein
Um Werte zu vermitteln reicht es nicht aus, diese ständig zu wiederholen oder in großen Buchstaben im Foyer des Firmengebäudes zu platzieren. Fälschlicherweise versucht man seinen Mitarbeitern, die aus Sicht des Unternehmers (oder seiner Berater) wichtigen Werte durch diese Maßnahmen oder durch plakative Leitbilder „einzutrichtern“. Wie ein Mantra oder Gebet, welches bei Religionen früher recht gut funktionierte.
Viel wichtiger wäre es, alle Mitarbeiter zu fragen, was ihnen denn persönlich wichtig ist und warum sie – neben der persönlichen Pflicht Geld zu verdienen – im Unternehmen sind. Die Summe dieser Werte müssen bei der Erstellung des Unternehmensleitbildes berücksichtigt werden. Erst diese besondere Wertschätzung erzeugt ein Interesse an den Werten und Zielen der Unternehmensführung.
Der aktuell verbreitete „Burnout“ hat seine Ursache auch in falsch interpretierten Werten, die unbewusst nicht mit den persönlichen Wertvorstellungen des Einzelnen übereinstimmen. Manchmal gehen sie viel weiter auseinander als es den Beteiligten bewusst ist.
Werte müssen bewusst wahrgenommen, verstanden und freiwillig verinnerlicht werden. Der Erfolg, Werte zu vermitteln, hängt also davon ab, dass sie verstanden und akzeptiert werden. Durch diese Grundlage, werden die wichtigsten Basiswerte für jede Unternehmung und Teamarbeit erzeugt: Interesse und Vertrauen.
Verantwortung
Selbstverständlich ist es notwendig, dass irgendjemand die Verantwortung übernimmt, Werte zu definieren und z.B. in Leitbilder einfließen zu lassen. Bei einer Firma ist es vor allem die Unternehmensführung. Bei Einzelpersonen stellt sich die Frage nicht, denn das muss man logischerweise selbst in die Hand nehmen. Wie das am effizientesten zu bewerkstelligen ist, kann ich an dieser Stelle leider nicht vollumfänglich erläutern, da dies z.B. innerhalb eines Workshops in einem moderierten Dialog herausgearbeitet werden sollte. Hier aber ein paar Tipps, die Ihnen helfen können, einen ersten wichtigen Schritt zu tun:
- Hinterfragen Sie die tatsächlichen Motive aller direkten und auch indirekten Beteiligten in Ihrem Umfeld (Arbeitsplatz, Familie, Freunde, Bekannte)!
- Besinnen Sie sich auf die eigenen Wichtigkeiten (Wertvorstellungen), Wünsche, Träume und Stärken!
- Aktivieren Sie die völlige Verantwortung für das, was Ihnen wirklich wichtig ist und ändern Sie dementsprechend Ihre Prioritäten – in allen Bereichen!
- Schreiben Sie Ihre Werte auf! Mindestens drei. Und führen Sie Buch darüber, ob und wie Sie diese Werte tagtäglich leben können!
- Verlangen Sie von sich selbst ein wertvolles Leben! Denn dort befindet sich Ihr größtes Potential für größtmögliche Wertschöpfung und Erfolg.
Fazit
Werte richten uns auf das aus, was wir wollen. Dies hilft uns bei der Orientierung und Findung unserer Ziele sowie dabei, die richtigen Verbündeten zu finden, welche gleiche oder ähnliche Werte haben.
Auch bei der Auswahl von „passenden“ Mitarbeitern ist dies hilfreich. Wenn ein Mitarbeiter gleiche oder ähnliche Wertvorstellungen wie die Unternehmensführung besitzt, dann ist eine wichtige Basis geschaffen, um bei allen Prozessen die kraftvolle innere Motivation wirken zu lassen. Es entsteht eine „natürliche“ Loyalität. Dies ist wertvoller als Zeugnisse und andere Reputationen.
Legen Sie Wert auf Werte!
Herzlichst
Ihr Frank H. Sauer
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